Überall zuhause: 5 Erklärungen für den anhaltenden Erfolg von IKEA

Ikea paper bag with several Ikea products
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IKEA wurde 1943 gegründet und ist seit 2008 der größte Möbeleinzelhändler der Welt. Seit Jahren liegt das schwedische Unternehmen auch weit vorne in den Rankings der wertvollsten Marken. Denn IKEA steht für viel mehr als nur Do-it-yourself-Möbel, nämlich für ein modernes und trotzdem heimeliges Lebensgefühl. Die Möbelhäuser wurden zum Ausflugsziel für die ganze Familie inklusive Comfort-Food und Kinderspielecke. 2019 eröffnete der erste IKEA in Indien, einem Land, in dem Do-it-yourself-Konzepte traditionellerweise wenig Anklang finden. Insgesamt wurde die Präsenz des Unternehmens auf 433 Niederlassungen in 52 Ländern ausgeweitet. Worauf baut der stabil wachsende Erfolg des Unternehmens? Und was können junge Unternehmen von IKEA lernen?

IKEA begann seine Unternehmensgeschichte 1943 als gemischtes Versandwarenhaus mit Sitz in Småland, Südschweden. Schon der zusammengesetzte Name schien ein Omen für die spätere Produktphilosophie: Ingvar Kamprad (Name des Gründers) Elmtaryd (elterlicher Bauernhof) Agunnaryd (Heimatstadt). Bereits 5 Jahre später verlegte Gründer Ingvar Kamprad den Schwerpunkt auf den Verkauf von Möbeln. Schon damals war seine Vision klar: ansprechendes Design für möglichst wenig Geld zu liefern. Dies brachte ihn bald in Konflikt mit seinen Zulieferern, und er begann, selbst Möbel produzieren zu lassen – als Bausatz, weil ökonomischer. 1958 eröffnete das erste IKEA-Möbelhaus in Småland, fünf Jahre später folgte die erste Niederlassung in Norwegen, 1968 schließlich in Dänemark.

Ein bedächtiges, aber stetiges Wachstum, das Gründer Kamprads unabhängiger, überlegter Philosophie entsprach. Noch heute wird der 2018 verstorbene Gründer auf der Unternehmens-Website zitiert, dass sein Unternehmen langfristig wachsen soll und IKEA deshalb nicht den Gang an die Börse suche. Grundsätze, denen das Unternehmen auch unter der Aufsicht der beiden Söhne des Gründers noch heute folgt. So gibt es im riesigen US-amerikanischen Markt nicht einmal 50 IKEA-Märkte (weniger als im Hauptmarkt, Deutschland). Als 2019 schließlich die erste Filiale in der südindischen Tech-Metropole Hyderabad eröffnete, verursachte das riesige Interesse stundenlange Wartezeiten und Verkehrschaos. Und auch finanziell konnte sich IKEA wieder steigern – der Umsatz stieg um 5% in einem Jahr auf über 37 Mrd. Euro. Auf welchen Erfolgsfaktoren beruht dieser unaufhaltsam scheinende Siegeszug? Eine Spurensuche.

Emotionen: Appellieren an menschliche Bedürfnisse

Das Konzept von IKEA basiert darauf, nicht nur Möbel, sondern ein ganzes Zuhause zu schaffen. Wie das aussehen könnte, wird beim Spaziergang durch den Schauraum entdeckt. Zum Bett gleich noch die passende Lampe und einen Bilderrahmen mitnehmen – oder sich gleich ganz nach dem vorgegebenen Stil der Wohnvorschläge einrichten. Das heimelige Gefühl, das die Ausstellungsräume ausstrahlen, animiert zusätzlich zum Kauf. Denn haben wir nicht alle das Bedürfnis nach einem schönen Heim?

Ergänzt wird das Erlebnis durch die Möglichkeit, sich im Restaurant günstig zu verköstigen und schließlich noch etwas von den servierten Speisen für Zuhause einzukaufen. Und auch wenn das Zusammenbauen der IKEA-Möbel oft ärgerlich ist und Zeit in Anspruch nimmt – das Erfolgsgefühl, wenn sie dann stehen, belohnt für die Anstrengung. Und bindet emotional an das „selbst gebaute“ Möbelstück.

Wachsen: International denken – von Anfang an

Schweden als ursprünglicher Markt bietet nur sehr begrenztes Wachstumspotenzial. Deshalb begann IKEA schnell, sich mit dem Gedanken an internationale Expansion zu beschäftigen. Das Bedürfnis nach einem schönen Heim ist ebenso universell wie das oft beschränkte Budget vieler Menschen. Auch der schlichte und reduzierte Bauhausstil von IKEA, früher nur Designer- und Architektenwohnungen vorbehalten, fügt sich grundsätzlich in jede Kultur ein. Gleichzeitig werden Angebot und Aufmachung an die jeweiligen nationalen Vorlieben angepasst.

So spiegeln die Schauräume im indischen IKEA-Markt die oft beengten Verhältnisse großer indischer Familien wider. Ebenso sind Klappstühle für zahlreichen Besuch und viele bunte Farben prominent vertreten. Und da es in Indien unüblich ist, Möbel selbst zusammenzubauen, stehen zahlreiche Helfer*innen zu Verfügung. Auch in den Restaurants werden die skandinavischen Klassiker durch Gerichte, die dem jeweiligen Landesgeschmack entsprechen, ergänzt. So können sich bei IKEA alle ganz zu Hause fühlen.

Geduld: Vorbereitung ist alles

Anstatt auf rasches Wachstum setzte IKEA von Anfang an auf intensive Planung und strategisches Vorgehen. Dazu gehört z. B. die intensive Analyse der Bedürfnisse in neuen Ländermärkten, schon lange bevor die erste Niederlassung eröffnet. Erneut am Beispiel Indien: Hier unternahm das lokale IKEA-Team Ausflüge in zahlreiche indische Wohnungen und Häuser. Und so wie in den USA beobachtete man die Reaktion des lokalen Marktes auf den ersten IKEA-Markt sehr genau, bevor der Startschuss für weitere Niederlassungen gegeben wurde.

Der Erfolg gibt dem Unternehmen recht. Der Markt in Hyderabad wurde am ersten Eröffnungstag von 40.000 faszinierten Besucher*innen überrannt, im ersten Jahr begaben sich 4 Millionen Kund*innen auf Einkaufstour. Geduld und ein minutiös geplanter Markteintritt haben sich auch hier gelohnt.

Lernbereitschaft: Rückschläge für Verbesserungen nutzen

Trotz des überwiegend positiven Images: auch IKEA steht immer wieder im Mittelpunkt von Kontroversen und Kritik. Vom Nachweis von Formaldehyd-Ausstoß einiger Möbel in den 1980ern über Vorwürfe der Kinderarbeit in IKEA-Herstellungsbetrieben bis hin zum wieder aktuelleren Thema der fehlenden Nachhaltigkeit von „Wegwerfmöbeln“.

Dass die Marke IKEA langfristig unbeschadet aus diesen Skandalen hervorging, liegt vor allem an der meist raschen und umfassenden Reaktion des Unternehmens, z. B. mit der Einführung des TNS (The Natural Step) zur umweltschonenderen Herstellung der Produkte, strengen Auflagen für die Lieferanten oder der Verwendung wiederwertbarer Plastiksäcke. Und man versucht auch aktiv Zeichen zu setzen. Darunter die jüngste Ankündigung im September 2019, 2,8 Mrd. Dollar in eine Infrastruktur für erneuerbare Energie zu investieren, mit dem Versprechen, dass IKEA bis 2030 nicht nur neutral, sondern klimapositiv operieren soll.

Investitionen: Rechtzeitig in die Zukunft blicken

Nicht nur bei Umweltschutzthemen versucht sich IKEA aktiv anstatt reaktiv zu positionieren. Auch den Wandel im Konsumverhalten beobachtet man sehr genau – und reagiert frühzeitig. Seit 2018 investiert das Unternehmen riesige Summen in die Absicherung seiner Vormachtstellung auch in Zukunft. Zum einen trägt man dem Trend zum Online Shopping Rechnung – mit einer Verbesserung des Lieferservices.

Gleichzeitig entstehen anstatt der bisher gewohnten riesigen Warenhäuser außerhalb der Städte nun zunehmend Schauräume in zentralen Lagen, in denen sich Kund*innen in Ruhe alles ansehen und sich beraten lassen können, um dann später online zu bestellen. Und auch im Bereich Nachhaltigkeit denkt man bereits weiter: so wird derzeit in mehreren Ländermärkten die Möglichkeit getestet, IKEA-Möbel zu mieten. Eine Idee, die nicht nur der Umwelt, sondern auch dem Unternehmensprinzip der Kostenökonomie entgegenkommt.

IKEA: Die MARMIND® Top Tipps

Kenne deinen Markt – umfassende Analyse ist die Grundlage für den späteren Erfolg.

Beweise Geduld – wohlüberlegte Entscheidungen sind langfristig zielführender als Aktionismus.

Denke in die Zukunft – wie kann das eigene Produkt gesellschaftlichen Trends begegnen?

Verfasst von

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Peter Ramsenthaler

Als Peter Ramsenthaler in den 90ern bei einem Weltkonzern arbeitete, stellte er fest, dass Excel-Chaos und mühsame Prozesse dem Marketingteam das Leben erschwerten. Er beschloss kurzerhand eine Software für die sichere Steuerung im Marketing zu entwickeln, damit Marketer außergewöhnliche Ideen umsetzen können.