Boo.com: 3 Lektionen aus einer Geschichte grandiosen Scheiterns

Miniature shopping cart with boxes on laptop
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Wege zum Misserfolg

Boo.com gehörte zu den größten Misserfolgs-Stories der Dot.com-Blase um die Jahrtausendwende. Warum sollte man 16 Jahre später noch über das formidabel gescheiterte Online-Versandhaus für Sportkleidung sprechen? Weil die Gründe dafür zeitlos sind – und deshalb auch für Start-ups und Marketer von heute lehrreich.

1998 wurde Boo.com von drei schwedischen Unternehmern gegründet, die bereits durch den Verkauf ihrer erfolgreichen Online-Buchhandels-Website bokus.com zu Millionären geworden waren. Boo.com sollte der nächste Streich werden: der erste Online-Retailer für Sportbekleidung, ein Trendunternehmen für die internetaffine Generation X. Doch schon 2000 muss Boo.com seine über 100 Internationalen Büros wieder schließen – die Kapitalgeber hatten sich geweigert, weiter in das trudelnde Unternehmen zu investieren. Was war schief gelaufen?

Marketing für ein unausgereiftes Produkt

Noch vor dem Start des Shops hatten bereits 350.000 Menschen per e-mail Interesse an boo.com angemeldet. Eine millionenschwere Werbe- und PR-kampagne hatte das Unternehmen zur weltweiten Marke gemacht, noch bevor überhaupt jemand die Website selbst zu Gesicht bekommen hatte. Doch deren Entwicklung dauerte Monate länger als geplant, es gab Schwierigkeiten bei der technischen Umsetzung der ambitionierten Pläne eines “offline-Shopping-Erlebnisses” im noch jungen Online-Bereich. Alles, während weiter hohe Marketingkosten aufgehäuft wurden – ohne gleichzeitigen Verkauf.

Lektion gelernt: Das Produkt sollte die Basis für das Marketing bilden, nicht umgekehrt.

Marketing ohne Vertriebswert

Das Marketing von boo.com war aufwändig, teuer und äußerst PR-lastig. So trat das intern produzierte und in mehreren Sprachen veröffentlichte Magazin Boom vor allem gegen die etablierte Konkurrenz am Zeitschriftenmarkt an, bot aber keine Möglichkeit, Artikel des eigenen Angebots zu bestellen. Dafür wurde extra ein katalogähnliches Magazin für bestehende Kunden produziert. Das Resultat: Die Marke wurde zwar bekannt, doch zu einem Millionengrab ohne Vertriebswert.

Lektion gelernt: Marketing soll (überwiegend) an Vertriebsziele gebunden sein und diese unterstützen.

Marketing vorbei an der Realität der Zielgruppe

Um die Zielgruppe der 20+jährigen zur Online-Bestellung zu locken, wollte boo.com das physische Shopping-Erlebnis online holen – inklusive virtueller Shoppingberaterin. Jeder einzelne Artikel konnte außerdem auf ein digitales Modell gezogen und so von allen Seiten betrachtet werden. Eine clevere Idee – doch die aufwändige Software funktionierte nur mit einem Breitbandinternetzugang gut, während der Zielgruppe zuhause vor allem die alten Wählleitungen zur Verfügung standen. So mussten Kunden 8 Sekunden auf den Aufbau jeder neuen Seite warten. Und verloren die Geduld.

Lektion gelernt: Sei deinen Kunden voraus, ohne sie hinter dir zu lassen.

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Peter Ramsenthaler

Als Peter Ramsenthaler in den 90ern bei einem Weltkonzern arbeitete, stellte er fest, dass Excel-Chaos und mühsame Prozesse dem Marketingteam das Leben erschwerten. Er beschloss kurzerhand eine Software für die sichere Steuerung im Marketing zu entwickeln, damit Marketer außergewöhnliche Ideen umsetzen können.