Stories von Höhen & Tiefen
Groupon, eine internationale Plattform für Gutscheine und Rabattangebote, war zu Beginn dieses Jahrzehnts das Unternehmen der Stunde. Medien und Investoren feierten das Start-up, im November 2011 folgte trotz erster Zweifel am Geschäftsmodell der Börsengang. Aber schon im darauffolgenden Jahr begann eine beispiellose Talfahrt des Unternehmens, aus Hype wurde Häme. Vier Jahre später kauft Groupon wieder ehemalige Konkurrenten. Stationen einer noch immer andauernden Achterbahnfahrt im eCommerce …
Über die Groupon-Plattform können sich Sparwillige zusammenschließen und so Angebote zum bis zu 80% reduzierten Preis beanspruchen. Die Unternehmen gewinnen dadurch neue Kunden für sich. Ein Konzept, das Groupon zum gefeierten Vorreiter einer ganz neuen Branche – der sogenannten Daily Deals – machte. Nach einem Rekordgang an die Börse folgte Ernüchterung. Lesen Sie mehr über die Meilensteine einer extremen Unternehmensentwicklung.
Der Hype: Ein neues Geschäftsmodell
Groupon kam 2008 auf den Markt. Die Idee von Gruppenrabatten, die nebenbei der lokalen Wirtschaft neue Kunden bescherte, war simpel und traf den Zeitgeist der Finanzkrisenjahre. Zahllose Kleinunternehmen vom Restaurant bis zum Schönheitschirurgen wurden für Angebote auf der Plattform akquiriert, sparfreudige Kunden kamen in Massen, ein neues Zeitalter des Shoppings wurde ausgerufen – von den weltweiten Medien genauso wie von den Investoren.
Innerhalb von drei Jahren operierte Groupon in 35 Ländern, hatte 150 Mio. Abonnenten seines Angebots-Newsletters – das zu dem Zeitpunkt am schnellsten wachsende Start-up. Ein Kaufangebot über 6 Mrd. Dollar von Google schlug die Unternehmensleitung 2010 aus, kündigte im Jahr darauf hingegen einen eigenen Börsengang an: der größte nach Google, sechs Jahre zuvor.
Der Fall: Eine Rechnung ohne den Wirt
Bereits zum Börsengang wurden kritische Stimmen laut – ausgerechnet von den kooperierenden Unternehmen. Die über Groupon gewonnenen Kunden wären mehr am Sparen interessiert als an Loyalität, zogen von einem Deal zum nächsten. Viele Unternehmer wie zB. Restaurants zahlten drauf – und zogen ihre Angebote zurück. Der immense Aufwand, ständig neue Kooperationsunternehmen zu akquirieren, ließ dem heiß gehandelten Unternehmen schnell die Luft aus gehen.
Als bereits im ersten Börsenquartal ein Verlust von über 37 Mio. Dollar eingefahren wurde, geriet Groupon in eine Abwärtsspirale aus schlechter Presse und lautstark enttäuschten Anlegern. Zweifelhafte Buchhaltungspraktiken und ein unerfahrener Gründer/CEO taten ihr Übriges. Ein Jahr nach Börsengang war Groupon vom bejubelten Wunderkind zur verhöhnten Witzfigur geworden.
Die Neuausrichtung: Totgesagte leben länger
Nach seinem rasanten Aufstieg und Fall sowie der Entlassung des Gründers und CEOs Andrew Mason im Jahr 2013 wurde Groupon von Vielen bereits abgeschrieben. Doch das Unternehmen ist noch immer in 27 Ländern aktiv, der Umsatz entwickelt sich positiv und nähert sich der Milliarde. Das schwächelnde Geschäftsmodell der Daily Deals wird durch neue strategische Geschäftsfelder (wie z.B. Essenslieferservice) ergänzt, Mitbewerber aufgekauft. Groupon ist in einer Konsolidierungsphase, die inzwischen länger dauert als die goldenen Jahre. Doch das letzte Kapitel ist auch für Groupon noch lange nicht geschrieben.
Das Fazit: Schnelligkeit und Wachstum allein reichen nicht
Auch wenn Groupon ein Extremfall ist, kann jedes Start-up aus dieser Erfahrung einen wichtigen Grundsatz lernen: die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells zuerst im kleinen Kreis überprüfen. Trifft voreiliges Wachstum auf unausgereifte Produktideen, führt das zwar nicht unbedingt zum endgültigen Scheitern – aber auch nicht zum gewünschten Erfolg.
Verfasst von
Peter Ramsenthaler
Als Peter Ramsenthaler in den 90ern bei einem Weltkonzern arbeitete, stellte er fest, dass Excel-Chaos und mühsame Prozesse dem Marketingteam das Leben erschwerten. Er beschloss kurzerhand eine Software für die sichere Steuerung im Marketing zu entwickeln, damit Marketer außergewöhnliche Ideen umsetzen können.